RAVE und warum der Boom in Deutschland ausblieb

Titania | Sonntag, 31. August 2014 | |
Wer von Fairy Tail nicht genug bekommen kann, der wird früher oder später unumgänglich auf Mashimas vorgängerwerk RAVE stoßen. Man findet den Anfang der Serie nicht mehr im Buchladen des Vertrauens und begibt sich einfach frohen Mutes auf Plattformen wie Amazon, ebay oder auch die Website von EMA. Die Verfügbarkeit einiger Bände unter 10 sieht ganz gut aus und 25 bekommt man sie in Sachen Verfügbarkeit praktisch hinterher geworfen. Also fängt man sorglos an, Band für Band zu kaufen, hier und da vielleicht an einer Auktion teilgenommen oder beim Bring & Buy auf einer Con ergattert, bis man plötzlich ab Band 13 vor einem Problem steht: Bände 13-17 sind nirgendwo mehr zu bekommen oder zufällig gerade auf ebay mit einem utopisch hohen Preis eingestellt worden. Ab Band 18 geht es problemlos weiter, aber was bringt es einem, wenn mittendrin einige Bücher fehlen? Genau über dieses Problem möchte ich heute einmal eine etwas umfangreichere Kolumne schreiben, die sich mit der RAVE-Problematik auf dem deutschen Manga Markt allgemein befasst.


Wer meinen Blog schon etwas länger verfolgt weiß, dass ich im August 2013 (glücklicherweise) erfolgreich Jagd auf die out-of-print Bände der Serie RAVE gemacht habe. Ich habe sie tatsächlich über verschiedene Comic Läden als Restposten bekommen und nach einer äußerst hartnäckigen Suche - wie durch ein Wunder - 13-18 einer Animexxlerin abgekauft. Das ganze ist nun genau ein Jahr her und dadurch, dass einige Freunde aktuell auch auf der Suche nach RAVE sind, habe ich durch Recherche bei meinen damaligen Quellen und darüber hinaus mitbekommen, dass es kaum noch einen Comic Laden gibt, der tatsächlich 13-17 verkauft. Man hat hier leider nur zwei Möglichkeiten, noch daran zu kommen: Warten, bis es jemand auf ebay einstellt, oder die Augen auf Cons beim Bring & Buy offen zu halten, denn der Verlag hat mehrfach bestätigt, dass ein Nachdruck der Reihe RAVE absolut ausgeschlossen sei. Lasst euch nicht von dem Status "Im Nachdruck" auf Seiten wie dem Thalia Online Shop verwirren. Da kommt nichts mehr. Das ist leider die traurige Wahrheit, denn RAVE hat hierzulande bedauerlicher Weise einen großen Flopp hingelegt. Die Verkaufszahlen waren unterirdisch und der daraufhin resultierende unregelmäßige Erscheinungszyklus hat noch zusätzlich Salz in die Wunde gestreut. Aber schauen wir uns die Serie hierzulande mal ganz von vorne an, denn eines kann ich euch versprechen: Es ist nicht die Geschichte, die einen Misserfolg hingelegt hat. Im Gegenteil...




RAVE erschien hierzulande das erste Mal 2003 im Manga Power. Einige von euch erinnern sich vielleicht noch, damals versuchte man die Sammelmagazine, wie sie in Japan wöchentlich mit neuen Kapiteln erscheinen, auch bei uns einzuführen. Es gab im Laufe der Jahre noch einige weitere Magazine, aber das einzige, dass sich tatsächlich langfristig gehalten hat, war DAISUKI (2003-2012). Viele wurden wegen schlechter Verkaufszahlen abgebrochen, so auch Manga Power, das 2004 eingestellt wurde. RAVEs Debut in diesem Magazin war also nur von kurzer Dauer (Ausgabe 16-30).




Dann erschien der erste Sammelband zu RAVE im Februar 2004 erstmals für 5,- Euro bei EMA und Band zwei rückte direkt im März darauf nach. Ab Band drei bis neun brachte man dann ganz normal - wie wir es heute gar nicht mehr anders kennen - im zweimonatigen Rhythmus einen neuen Band in die Regale. Bei den daraufhin flogenden Releases wurden die Abstände allerdings immer großer. Man kann eigentlich nur spekulieren, ob RAVE tatsächlich an dieser Stelle schlechte Verkaufszahlen an den Tag gelegt hat, oder ob EMA nicht vielleicht doch etwas mehr Geld in den Einkauf neuer Serien investieren wollte. Aber zu der Problematik mit den Release Dates später mehr. Zu erst einmal möchte ich auf etwas völlig anderes zu sprechen kommen. Etwas, das ich bis heute nicht nachvollziehen kann:


Welche Nase kam auf die Idee, für die ersten drei Cover solche bezugslosen Motive zu verwenden? Ernsthaft. Hätte ich die Bände damals im Buchladen stehen sehen, hätte ich vermutlich nichtmal durchgeblättert, geschweige denn mir die Mühe gemacht, den Klappentext zu lesen. 'N Schneemann mit nem Lutscher und das auf drei Bänden hintereinander. Der erste Eindruck ist keine actiongeladene Rettungsaktion der Welt, sondern irgendein Kitsch mit niedlichen Tierchen. In Japan mag das vielleicht nicht schlimm gewesen sein, da die Serie durch ihr Release bei Kodansha ja schon bekannt war und man im Magazin auch immer schön für die Sammelbände wirbt, aber hierzulande kannte man RAVE wirklich gar nicht. hat man Manga Power nicht gesammelt, dann gab es auch keine Möglichkeit, darüber etwas zu erfahren. Und wenn man dann eben diesen Schneemann (übrigens mag ich Plue sehr gern) groß auf drei hintereinanderfolgenden Bänden sieht, dann animiert das tatsächlich definitiv nicht zum Kauf, weil es einfach nichts verspricht. Aus diesem Grund kann ich mir gut vorstellen, dass viele Leute die Serie eben wegen besagter falscher Gedanken bei den Covern nicht angefangen haben. Wer auf Action und Adventure steht, kauft sich kein Buch mit 'nem Schneemann drauf. Das dachte sich wohl auch Tokyopop in den USA und änderte kurzerhand viele dieser Cover.

Aber kommen wir zu dem Part, der RAVE hierzulande vielleicht wirklich den Kopf gekostet hat: Die Release-Dates. Während, wie oben schon erwähnt, die ersten neun Bände in soliden Abständen publiziert wurden, nahm das ganze ab Band 11 eine völlig andere Gestalt an. Band 11-14 erschienen 2006 jeweils einmal im Quartal, sprich 4 Bände im Jahr. Das Erscheinen von Band 15 stand plötzlich in den Sternen, denn laut EMA fielen die Verkaufszahlen von RAVE so sehr in den Keller, dass sie die Serie erstmal einstellten. 2007 gab es dann glücklicherweise die Meldung, dass der Verlag RAVE 2008 weiterführen möchte. Fortan kosteten die Bände 6,50 Euro und die Publizierung wurde noch katastrophaler und unregelmäßiger als ohnehin schon. Band 15 erschien im Juli 2008, Band 16 im Novemer 2008 und im Jahre 2009 gab es sage und schreibe nur einen einzigen Band, den siebzehnten. Doch mit der Publizierung von Fairy Tail schien der Mitanbieter Carlsen Manga EMA ein bisschen Geröll von der Straße zu räumen, denn auch wenn 2010 nur zwei Bände (18 und 19) erschienen, 2011 steigerte sich das ganze wieder auf drei Bände (20 - 22) und schließlich schaffte RAVE den Sprung von 2012 - 2014 auf ein regelmäßiges Release: Band 23 - 35 erschienen wieder alle zwei Monate. Ab Band 26 schraubte man den Preis auf 7,50 Euro hoch. Der letzte Band erschien dieses Jahr im Januar. Somit hat EMA 10 Jahre gebraucht, bis die Serie vollständig in Deutschland erschienen war. Zählt man das Debut im Manga Power ebenfalls dazu, dann gibt es RAVE bereits 11 Jahre bei uns.

Vielleicht mag der ein oder andere jetzt denken, dass sich die Release Dates mit den Japanischen in die Quere kamen, aber da muss ich verneinen. Die Sammelbände von RAVE liefen in Japan von 1999 - 2005 und in den Staaten von 2003 - 2011. Allerdings hatte Nordamerika 2009 und kurz vor Ende der Serie ein Problem, denn der Vertrag mit Kodansha lief aus. Somit hatte Tokyopop kein Recht mehr, die letzten drei Bände zu publizieren. 2011 schnappte sich der Verlag Del Rey Manga die Lizenzen und brachte Band 33-35 in einem einzigen dicken Wälzer in die Buchläden. Das war vielleicht fürs Regal nicht ganz optimal, aber hey, das nenne ich mal Einsatz!!

Warum lief RAVE bei uns so holprig?


Ich muss ganz offen sagen: EMA hat sich den "Misserfolg" mit RAVE teilweise wirklich selbst zuzuschreiben. Die Serie erschien mitten drin so unregelmäßig und zwei Jahre lang sogar gar nicht. Wirtschaftliches Denken? In Ordnung, aber wenn ich eine Serie habe, bei der von 35 Bänden maximal drei im Jahr erscheinen, dann schreckt das einfach vom Kauf ab, weil man nicht 15 Jahre lang eine Serie lesen möchte. Hinzu kam, dass viele der früheren Bände während der Release Pause schnell vergriffen waren und EMA einen Nachdruck verneint hat. Als es dann 2008 weiterging, gab es praktisch nur noch bedingt Möglichkeiten für Neueinsteiger, an die Bände zu kommen und mit dem zweimonatigen Endspurt ab Band 23 hatte man als Interessent einfach Pech gehabt. Wenn man Glück hatte, konnte man auf Umwegen noch etwas ergattern, aber im Laden brauchte man nicht danach zu suchen. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass EMA keine Serie nachdrucken möchte, die damals schon keine guten Verkaufszahlen an den Tag gelegt hat, aber gerade weil es gegen Ende wieder regelmäßiger wurde, kann man eigentlich davon ausgehen, dass Fairy Tail hier deutlich mitgeholfen hat, obwohl es von einem ganz anderen Verlag publiziert wurde. Die Leute waren und sind von Hiro Mashima einfach angetan. Die anderen Werke wie Monster Hunter, Monster Soul und Mashima-en sind hierzulande auch recht beliebt und Carlsen brachte sogar das Fariy Tail Artbook nach Deutschland und das in wirklich toller Papier- und Durckqualität. Ich wette, jeder Fairy Tail Fan hat zumindest schonmal in Erwägung gezogen, sich an dem Vorgänger RAVE zu versuchen und ist dann auf der Suche nach den Bänden einfach gescheitert. RAVE hätte heute durchaus besser Verkaufszahlen, davon kann man ausgehen da Hiro Mashima bei den Leuten einfach sehr beliebt geworden ist und wenn man einen Autor erstmal mag, dann schnuppert man in 9/10 Fällen auch in seine anderen Werke. Ich frage mich, ob es hier nicht sogar relativ klug wäre, würde Carlsen die Rechte bei EMA einkaufen und es selbst nochmal neu auflegen. Abgesehen davon, dass Carlsen mit Fairy Tail wirklich viel geschlampt hat, bin ich wirklich davon überzeugt, dass a) Carlsen damit eine Menge Geld machen würde und b) RAVE hierzulande einen gleichwertigen Beliebtheitsgrad wie Fairy Tail erreichen würde, denn es ist wirklich so, dass RAVE vieles hat, was Fairy Tail fehlt und das den Fans nochmal das gewisse Extra geben würde.


Meine Meinung zu RAVE


Leute, ich liebe Fairy Tail. Neben Digimon ist es mein liebstes Fandom und auch jenes, mit dem ich mich am meisten beschäftige. Ich bin noch nicht ganz fertig mit RAVE, heute Vormittag habe ich Band 25 zu ende gelesen, Rest folgt in Kürze aber ich bin bei Band 16 schon unbewusst am Überlegen gewesen, ob ich RAVE nicht sogar irgendwie besser finde als Fairy Tail. Wirklich. RAVE hat einen nicht wirklich vielversprechenden Einstieg und der Zeichenstil ist wirklich lahm. Mashima war noch relativ jung und hat auch dementsprechend einfach noch nicht die Erfahrung gehabt. Dann gehen bei Elie plötzlich die Falshbacks los und das sonst so aufgeweckte Mädchen, das auf der Suche nach ihrem Gedächtnis ist, hat immer wieder Panikattacken und Schweißausbrüche. Als dann auch noch Sieghart auftaucht und Elie kurz bevor er sie umbringen möchte davon erzählt, dass sie bloß ein Versuchsobjekt mit der Nummer 3173 (auf dem Kopf lesen) ist, nimmt das ganze plötzlich ganz andere Ausmaße an. Auch die Art und Weise, wie Sieghart versucht sie zu töten ist einfach krass. Richtig brutal. wenn man Fairy Tail, Monster Hunter und Monster Soul vor RAVE gelesen hat, dann wird man hier den totalen Mindfuck erleben. Generell bin ich kein Freund von "In der Story müssen mal ein paar Leute sterben, sonst wird es zu langweilig", nein, eigentlich bin ich total genervt von solchen Aussagen, aber bei Fairy Tail ist es im Laufe der Geschichte einfach vorhersehbar, dass (fast) alle, die gestorben sind, auch wieder zurückkommen, bzw. nie wirklich tot waren. Bei RAVE sind die Leute, die sterben, wirklich tot. Das sind dann auch keine 0815 Tode weil sie Abwechslung reinbringen sollen, nein, das sind wirklich wichtige Schlüsselmomente. Und diese Leute sterben, weil RAVE eines von Mashimas anderen Geschichten grundsätzlich unterscheidet: RAVE ist eine unglaublich düstere Geschichte. Der bunte Einstieg mit viel Witz täuscht, denn RAVE schreckt auch vor Dingen wie unsagbar schrecklicher Folter nicht zurück. Und es gibt so verdammt viele Momente, wo man sich denkt, dass kann jetzt einfach nicht wahr sein. Vor allem, wenn man Mashimas andere Werke vor RAVE gelesen hat. RAVE ist in keiner Art und Weise vorhersehbar, was Fairy Tail und Co. in einigen Punkten einfach sind, auf jeder neuen Seite, die man weiterblättert, liegt etwas Unerwartetes und in jedem Band gibt es mindestens einen storyrelevanten Mindfuck. Und was ich fast noch am schönsten an der Serie finde: Es ist so unglaublich toll mit anzusehen, wie Mashima sich entwickelt. Anfangs waren Haru und Elie platte Zeichnungen, wo nur das Nötigste dran war und von Band zu Band werden die Charaktere lebendiger und Mashima tobt sich in Sachen Detailverliebtheit richtig aus. Man merkt wirklich, wie sehr sein Herz an dieser Geschichte und vor allen an den Charakteren hängt. Ganz, ganz toll.

Ich empfehle RAVE unbedingt zu lesen. Wirklich. Lasst euch nicht von dem anfänglichen Zeichenstil abschrecken, wenn ihr euch erstmal eingefuchst habt, wollt ihr gar nicht mehr aufhören zu lesen. Ich habe mir im King Arc sogar morgens den Wecker eine Stunde früher gestellt, um vor der Arbeit noch einen Band zu lesen, so gefesselt war ich davon. Es gab in diesem Arc einen storyrelevanten Schlüsselmoment (den ich jetzt wegen Spoilergründen nicht nenne, da ich mir sicher bin, dass viele die Serie noch nicht gelesen haben), wegen dem ich dann wirklich irgendwie melancholisch zur Arbeit gefahren bin und dann den ganzen Tag da saß und darüber gegrübelt habe.

RAVE verdient so viel mehr Aufmerksamkeit, viel mehr Leute sollten es hierzulande kennen, weil es wirklich einzigartig ist. Es mag in das Genre Shonen fallen, aber es ist irgendwie auch nicht wie Naruto, One Piece oder Dragonball. In keiner Weise vergleichbar. Die Charaktere sind alle so liebevoll und selbst die Bösen kann man einfach nur mögen, weil sie wirklich cool sind. Sie haben alle eine nachvollziehbare Motivation hinter ihrem Handeln und tun nicht einfach etwas "weil sie nur böse sind".





Lest RAVE, ich verspreche euch, ihr werdet euch dermaßen in die Geschichte verlieben! Allerdings empfehle ich an dieser Stelle wirklich ausschließlich den Manga. Die Animeumsetzung war leider weniger berauschend und wurde daher ab der Mitte der Story eingestellt.

1 Kommentar: